Wie Argentinien den israelischen Politikern eine Lehre sein könnte. Könnte…

Ein Freundschaftsspiel Israel:Argentinien ist abgesagt worden. Ein letzter Test für die Südamerikaner vor der WM. Politik und Sport sollten – sollten – eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Aber wir wissen alle, daß insbesondere bei internationalen Wettbewerben der politische Charakter der Spiele, egal ob Fussball-WM oder Olympische Spiele immer eine Rolle spielt. Vielleicht ist das beim Tennis ein wenig anders. Aber ich erinnere mich noch, als Navratilova gegen Chris Evert spielte, da schwang so ein nationaler Machtkampf auch ein wenig durch, selbst dann noch, als Navratilova längst in den USA lebte.

 

Trunken von der Eröffnungsfeier der US-Botschaft

Anyway. Israel hat eine Kultur- und Sportministerin, die nichts von Kultur und nichts von Sport versteht. Aber dafür umsomehr von Propagand und was bei ihrer Wählerschaft ankommt. Und so hat die gute Miri Regev, die mit ihren inhaltslosen und dümmlichen Auftritten und Interviews einem den Atem verschlägt, weil man nicht fassen kann, daß sie ihr eigenes Niveau immer noch weiter unterbieten kann, so hat die gute Miri, die nicht müde wird zu erzählen, daß sie als misrachische Frau immer unter dem Elitegedünkel der Aschkenasim zu leiden hatte, so hat also Miri gemeint, jetzt den ultimativen Coup zu machen. Das Fussball-Spiel sollte in Haifa stattfinden, da dort das beste Stadium Israels ist. Doch was wollte Miri? Immer noch trunken von der Eröffnungsfeier der amerikanischen Botschaft in der »ewigen Hauptstadt Israels«, dachte sie sich, da müsse sie doch gleich mal nachziehen – und wollte, daß das Spiel in Jerusalem stattfindet.

 

Israels Rechte kann vor lauter Kraft kaum noch gehen

Doch da hat sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Palästinenser und andere Organisationen und Gruppen setzten Argentinien unter massiven Druck, das Spiel auf keinen Fall in Jerusalem durchzuführen. Die Argentinier sagten das Spiel einfach ab. Miri war wütend und erzählte dann auch noch, daß es Drohungen gegen die Spieler gegeben habe, Morddrohungen, die zur Absage geführt haben. Kann sein, ist sogar wahrscheinlich. Aber die hätte es nicht gegeben, wenn Messi & Co. einfach in Haifa gespielt hätten. Und gut ist.

Was wir in den letzten Wochen in Israel erleben, ist eine israelische Rechte, die vor lauter Kraft kaum noch gehen kann. Die US-Botschaft endlich in Jerusalem, die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels, den Iranern in Syrien einen bitteren militärischen Schlag versetzt zu haben, die Hamas in Gaza in ihre Schranken verwiesen, der Atom-Deal durch Trump aufgekündigt – das ist das Zeug aus dem Rechte und Republikanische Träume sind.

 

Jerusalem reitet auf der Welle

Und so macht sich in Israel wieder einmal Überheblichkeit breit. Und man erzählt der eigenen Wählerschaft, daß alle die gegen Israel sind, Antisemiten sind, sie sind einfach alle gegen uns, darum müssen wir uns um sie auch nicht kümmern, die zählen nicht, sie sind die Abkommen von Amalek, dem Volk, das schon in der Bibel das jüdische Volk vernichten wollte.

Und ähnlich wie Donald Trump in einigen Tweets der letzten Tage »beweisen« wollte, daß die USA zu alter Größe zurückgefunden hätten, dank seiner »herausragenden« Politik – was der Rest der Welt ein wenig anders sieht –  ganz so meint auch das rechte Jerusalem, man reite nun die höchste Welle und nichts, gar nichts könnte einen Absturz herbeizuwingen.

 

Was unterscheidet einen klugen von einem kurzsichtigen Politiker

Sicher, wenn man – wie Bibi – völlig rechts »tickt«, dann muß man mit Trump die Gunst der Stunde nutzen, um seine Ziele zu erreichen. Das würde ein Premier der Linken ebenso tun, wenn im Weissen Haus ein Demokrat säße. Das ist verständlich und es wäre gradezu fahrlässig von einem demokratisch gewählten Politiker, wenn er nicht versuchen würde, die Politik, für die er angetreten ist, durchzusetzen.

Was einen klugen von einem kurzsichtigen Politiker allerdings unterscheidet ist, daß er daran denkt, daß die Zeiten sich auch wieder ändern können. Daß im Weissen Haus spätestens in sieben Jahren wieder ein Demokrat sitzen können. Und da wäre es vielleicht ganz klug, sich die Demokraten nicht zu politischen Gegnern zu machen, solange sie in der Opposition sitzen. Oder die Europäer, die für Israel immerhin der zweitwichtigste Markt sind, nicht nur noch abzufertigen als dumme Kinder (was sie allerdings, wenn es um Nahost geht, durchaus häufiger sind, ja mehr noch: Die Drohungen, die der Iran gegen Israel auch erst wieder vor zwei Tagen ausgesprochen hat, solche Drohungen nicht ernst zu  nehmen, macht die Israelis ziemlich wütend auf einige europäische Führer).

 

Meine Begegnung mit der Militärsprecherin Miri Regev

Miri Regev lernte ich übrigens als Militärsprecherin während des Libanon-Kriegs 2006 kennen. Wir befanden uns an der Grenze zum Libanon, direkt an der Front, und meine Producerin hatte einen Termin mit ihr vereinbart, damit wir von ihr ein paar Soundbites für die Nachrichten des Tages hätten. Als wir an dem Ort ankamen, wo sie war, beschimpfte sie meine Producerin, daß sie sie überredet hatte, diesem Deutschen, der wahrscheinlich ein Kind oder Enkelkind von Nazis war, Rede und Antwort zu stehen. Natürlich sagte sie das der Producerin auf Hebräisch. Als sie ihr, völlig gelassen und ruhig erklärte, der »Deutsche« könne Hebräisch und hätte soeben jedes Wort verstanden und darüber hinaus seien seine Eltern in den KZ der Nazis gesessen, schaute Miri mich an und sagte:»Ach, Du bist Jude, ja, dann stehe ich Dir natürlich zur Verfügung!« – Ich war, gelinde gesagt, geschockt. Nicht, daß ich solchen rassistischen Quatsch in Israel noch nie gehört hätte, aber Miri Regev war damals die Militärsprecherin für die ausländische Presse. Da hat sie mit jedem zu reden. Aber – so ist Regev, und inzwischen ist sie in ihrem überstiegenen Wahn – der von Bibi ja geduldet wird, was nicht vergessen darf – so absolutistisch geworden, daß es ihr nichts ausmacht, wie ein Trottel dazustehen – denn es ist ja immer die Schuld der Medien. Und die Medien sind natürlich: links, aschkenasisch, elitistisch und hassen die arme, kleine Marrokanerin … — Ich habe ihr dann übrigens gesagt, daß ich keinerlei Interesse an einem Interview mit ihr hätte.

 

Miri Regev – Miri Rega

Niemand, der diese Szene im Fernsehen gesehen hat, kann sie vergessen: Miri Regev mußte irgendein Filmfestival eröffnen, zu dem auch Quentin Tarantino nach Israel gekommen war. Befragt, was sie von ihm als Regisseur halte, kam natürlich, daß er großartig und phantastisch sei. Doch dann fragte die Journalistin, welcher Film von Tarantino ihr, Regev, am besten gefallen habe – und da setzte sie sich in die Nesseln. Es war offensichtlich, daß sie keinen Film von ihm kannte. Aber anstatt das einfach zuzugeben, sagte sie nur auf Hebräisch »Rega, rega, rega, rega, rega, rega, rega«. Rega heißt »Moment«, also sie »suchte« gerade nach dem Namen eines Films, der ihr aber nicht »einfiel«, sie guckte hilfesuchend nach ihrer Assistentin, die auch keine Ahnung hatte, und so ging dieses »rega, rega, rega« immerzu weiter und wurde immer peinlicher. Seitdem wird sie nur noch »Miri Rega« gennant und jeder im Land weiß, was gemeint ist.

 

Abendkleid mit Jerusalem-Silhouette

Doch das ficht sie nicht an. Sie macht einen Blödsinn nach dem anderen und es macht sie immer beliebter bei ihrer Wählerschaft. Sie ist dumm, keine Frage, sie ist nicht einmal im Ansatz so schlau, brillant und gefährlich wie die rechte Justizministerin Ayeled Shaked von der Siedlerpartei. Aber Regev hat ihre Klientel. Und macht Israel in der Welt lächerlich. So etwa auch mit einem kitschigen Abendkleid, das sie – wenn ich mich richtig erinnere – in Cannes zu den Filmfestspielen trug. Es war cremefarben und unten war das Kleid mit einem Foto der Silhouette von Jerusalem bedruckt. Eine modische Geschmacklosigkeit ersten Ranges – aber sie blieb davon unbeeindruckt, selbst nachdem im Netz schnell mit diesem Kleid neue Motive photogeshoppt wurde, die z.T.  Politisch richtig arg waren.

 

Das neue Motto der israelischen Rechten: Unbeeindruckt.

Unbeeindruckt. Das ist die neue israelische Rechte. Aus den KZ emporgekommen, den Ghetti, den Ma’abarot in Israel, aus den Klauen der muslimischen Staaten entgangen, zeigt man jetzt Muckis, macht auf janz Gross, mit ganz dicken ….

Es ist schon richtig, daß Israel den Juden eine neue Würde, neuen Stolz und Selbstbestätigung geben sollte – und gegeben hat. Von Anfang an. Aber Überheblichkeit und Arroganz der Welt gegenüber. Das wird auf Dauer nicht gutgehen. Und irgendwann ist der Spuk Donald Trump auch wieder vorbei … hoffe ich …. zumindest … Und dann, spätestens dann hoffentlich, werden all die aufgeblasenen Popanze, die in Jerusalem um das goldene Kalb der politischen Macht tanzen, vielleicht wieder auf normales Maß zurückgestutzt.

 

Richard C. Schneider, Tel Aviv

Ein Gedanke zu „Wie Argentinien den israelischen Politikern eine Lehre sein könnte. Könnte…

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