Der Weg in die illiberale Demokratie?

Das letzte Wochenende vor den Wahlen in Israel. Das Wetter heute ist hervorragend, die letzten Umfragen werden veröffentlicht, dann ist Schluß damit, so will es das Gesetz. Drei Tage vor den Wahlen dürfen keine Umfragen mehr veröffentlicht werden.

Wer wird gewinnen? Bislang schaut es – laut Umfragen – so aus, als ob wieder Netanyahu das Rennen macht. Aber wenn, dann kommt es darauf an, mit wem er koalieren wird (können). Denn mit seinem hochpersonalisierten Wahlkampf kann es sein, daß er Stimmen anderer rechter Parteien an sich bindet und somit einige Parteien vielleicht nicht die 3,25% Hürde nehmen können.

Unter Umständen wird Netanyahu eine Koalition eingehen (müssen/wollen) mit Faschisten, Rassisten, religiösen Extremisten. Mit Politikern, die selbst die bislang schon überschrittenen Grenzen des Anstands und des Liberalismus‘ noch einmal weiter aus- und überdehnen.

Ja, Israel steht möglicherweise vor der Wahl, sich entscheiden zu müssen, endgültig entscheiden zu müssen, ob es eine „illiberale Demokratie“ werden will, wie die Buddies von Bibi das in ihren Ländern schon vollzogen haben oder gerade dabei sind zu vollziehen.

Es sieht im Augenblick leider nicht so aus, als ob die Anhänger Bibis begreifen, worum es geht. Es geht nicht um Bibi, es geht nicht um „rechts“ oder um „links“ – es geht um die Frage, was für einen Staat man haben will. Einen Staat, der sich möglicherweise endgültig von den Idealen der Unabhängigkeitserklärung von 1948 entfernt, eventuell sogar lossagt.

In der israelischen Satiresendung „Eretz Nehederet“ („Großartiges Land“) sagte die Figur des Bibi Netanyahu vor einigen Tagen: „Ich gab denen so eine große Chance. Ich gab ihnen Anklagen, U-Boote. Raketen aus Gaza auf Tel Aviv, ein 9 Milliarden Defizit. Und sie können mich immer noch nicht schlagen“ – Da ist leider viel Wahres dran. Der Herausforderer Benny Gantz (nicht zu reden von Avi Gabbay und Tamar Zandberg von Avoda und Meretz) hat einen schlechten Wahlkampf geführt. Er hat viele Fehler gemacht, seine Berater wußten nicht, wie sie mit seinen Schwächen umgehen sollen, um ihn dennoch souverän erscheinen zu lassen. Gegenüber dem Medienprofi Bibi war es schwer für Gantz. Er ist ein anständiger Kerl, davon sind alle überzeugt. Aber… Ja, da ist immer wieder dieses „aber“ zu hören…

Tja, und so könnte es sein, daß Bibi und die Rechte wieder gewinnen. Das könnte so sein. Wenn…. wenn nicht ein kleines Wunder geschieht. Das Wunder wäre, daß die Menschen doch noch begreifen, daß es um mehr geht als um „links“ oder „rechts“.

2 Gedanken zu „Der Weg in die illiberale Demokratie?

  1. Danke für den nachdenklich-klugen Kommentar! Ich vermisse Sie sehr als offiziellen Israel Korrespondenten im TV!
    Neulich waren Sie ja in Köln, – leider habe ich nur von Freunden davon gehört…Ich lebe seit vielen Jahren in NL…

  2. Vielleicht können Sie sich erstmal entscheiden: „es geht um rechts oder links“ oder es geht „um mehr als rechts oder links“? Was sollen die Menschen denn aus Ihrem Artikel begreifen, Herr Schneider?

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